Teamrollen: Wie Unternehmen die Stärken und Schwächen ihrer Teammitglieder nutzen
Author
Berlitz
Ob Unternehmen erfolgreich sind oder nicht, hängt vor allem von der Stärke und dem Zusammenspiel ihrer Mitarbeiter ab. Die einzelnen Teammitglieder nehmen dabei häufig bestimmte, typische Rollen ein. Klar ist: Die Unterschiede sind in der Praxis groß und das „perfekte“ Team gibt es nicht. Die Erfahrung zeigt: Teams funktionieren dann besonders gut, wenn in ihnen möglichst unterschiedliche Charaktere zusammenarbeiten. Im folgenden Artikel stellen wir klassische Rollen und typische Teammitglieder vor und zeigen, wie sich deren Stärken und Schwächen am besten für den Unternehmenserfolg nutzen lassen.
Klassische Teamrollen nach Belbin
Eine Möglichkeit, um die Rollen eines Teams zu beschreiben, ist das Belbin-Modell. Der britische Forscher und Managementtheoretiker Raymond Meredith Belbin ging davon aus, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale sich auf die Arbeit in Gruppen auswirken. Er unterschied zwischen handlungs-, wissens- und kommunikationsorientierten Rollen. Wichtig sei, dass diese Rollen möglichst gut miteinander interagierten. Diesen drei Kategorien ordnete er spezifische Rollen mit Stärken und Schwächen zu:
a. Handlungsorientierte Rollen
Handlungsorientierte Mitarbeiter nehmen die Dinge in die Hand, möchten möglichst viel umsetzen und können sehr perfektionistisch sein. Mitunter neigen solche Kollegen allerdings zu Eigensinnigkeit, mangelnder Flexibilität und Kontrollsucht.
Zu den handlungsorientierten Rollen gehören der Umsetzer, der Perfektionist sowie der Macher.
b. Wissensorientierte Rollen
Innovative Mitarbeiter, die sich in ihrem Thema perfekt auskennen – das sind die wissensorientierten Teammitglieder. Bodenständigkeit, Pragmatismus und hohes Detailwissen zeichnen diese Typen aus. Gerade der Beobachter sowie der Spezialist wirken allerdings mitunter etwas nüchtern und wenig enthusiastisch. Etwas anders verhält es sich hingegen beim Erfinders/Neuerers, der querdenkt und innovativ ist.
c. Kommunikationsorientierte Rollen
Wichtig für jedes Team sind Menschen, die als Bindeglieder zwischen den einzelnen Mitgliedern fungieren, Aufgaben verteilen und Projekte planen und koordinieren. Sie arbeiten eher im Hintergrund und verbessern die Team-Kommunikation, sie sind entscheidungsstarke Führungspersönlichkeiten oder Netzwerker, die Kundengespräche lieben. Mitunter verfügen sie über eher durchschnittliche Fachexpertise und verlieren bei langfristigen Projekten recht schnell das Interesse.
Zu den kommunikationsorientierten Mitarbeitern gehören Teamarbeiter, Koordinatoren sowie Wegbereiter/Weichensteller.
Typische Rollen, die in vielen Teams auftreten
Starke Teams zeichnen sich durch die Vielfalt und die Unterschiedlichkeit ihrer Mitglieder aus. Denn verschiedene Arbeitsschritte und Aufgaben erfordern unterschiedliche Herangehensweisen. Sind diese im Team gut repräsentiert, können sie zum Nutzen des gesamten Teams eingesetzt werden. Vielfältige Teams sind innovativer, sofern es gelingt, die teils gegensätzlichen Persönlichkeiten und Charaktereigenschaft produktiv zusammenzubringen.
Maximal acht Personen gelten als optimale Größe für Teams. Häufig nehmen die Mitarbeiter dabei typische Rollen ein. Wir erläutern, welche das sein können, wie Sie deren Stärken optimal nutzen und Schwächen bestmöglich ausgleichen. Mehr dazu lernen Sie auch in unseren Business Seminaren zu den Themen Führungskompetenz und Teamarbeit.
1. Alphatier/Narzisst
Alphatiere stehen überaus gerne im Mittelpunkt, haben in Meetings meist den größten Redeanteil und kommandieren andere mit Vorliebe herum. Was zunächst unangenehm klingt, kann für Teams ein Vorteil sein. Denn Alphatiere sind sehr hartnäckig und bleiben solange am Ball, bis sie ihr Ziel erreicht haben. Nutzen diese Ziele auch der Gruppe und dem Unternehmen, ist das eine echte Stärke. Geht es allerdings um persönliche Interessen, sollten Vorgesetzte und Teammitglieder möglichst schnell Wege finden, die Energie des Alphatiers für das Team fruchtbar zu machen.
Narzissten steigern oft auch die Kreativität des Teams. Sie sind zwar nicht unbedingt ideenreicher als andere, häufig aber so begeistert von ihren Einfällen, dass sie ihre Kollegen mitreißen. Nachteil: Narzissten sind oft stark von sich selbst eingenommen, was Kollegen meist als sehr anstrengend empfinden. Außerdem sind sie geradezu süchtig nach Anerkennung. Oft ist es schwer, hier die richtige Balance zwischen Lob und Kritik zu finden.
Die beste Strategie im Umgang mit Alphatieren: Aufgrund ihres selbstbewussten Auftretens und ihrer Hartnäckigkeit eigenen sich Alphatiere häufig sehr gut für die Kundenakquise, schwierige Gespräche oder Verhandlungen.
2. Spaßvogel
Der Spaßvogel bringt schon morgens am Kaffeeautomaten die ersten Kollegen zum Lachen. In anstrengenden Meetings sorgt er mit seiner lockeren Art für gute Laune. Das kann Teams helfen, in schwierigen Momenten zusammenzuhalten und wichtige Projekte erfolgreich abzuschließen. Solchen Menschen merkt man ihre Freude am Job jeden Tag an, sie begeistern sich für Vieles. Auch nach Rückschlägen ist der Spaßvogel wichtig für die Motivation. Er rappelt sich schnell wieder auf und zieht seine Kollegen mit. Seine flapsige Art führt manchmal dazu, dass er nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache ist und seine Aufgaben halbherzig oder fehlerhaft erledigt.
Die beste Strategie im Umgang mit dem Spaßvogel: Seine Begeisterungsfähigkeit zeigt besonders bei neuen und innovativen Projekten Wirkung. Dann kann er auch eher skeptische und zögerliche Teammitglieder mitreißen.
3. Nörgler, Faulpelz
Manche Teammitglieder kommen aus dem Jammern nicht heraus. Ständig beklagen sie sich über zu viel Arbeit und betonen bei jeder passenden (und unpassenden) Gelegenheit, wie schwierig ihre Aufgabe ist. Nörgler sorgen mit ihrer negativen Grundhaltung häufig für schlechte Stimmung im Team. Vorgesetzte müssen sie mitunter drängeln, da sie Aufgaben oftmals vor sich herschieben. Der Vorteil: Weil sie wenig Lust auf viel Arbeit haben, suchen sie oft nach effizienten Lösungen für anstehende Aufgaben.
Die beste Strategie im Umgang mit Nörglern, Faulpelzen: Ihre grundsätzliche Arbeitsscheu prädestiniert sie häufig für schwierige und komplexe Aufgaben. Dabei können beide Seiten gewinnen: Der Nörgler erfüllt sein „Jammer-Bedürfnis“, und weil er meist zielsicher den schnellsten und einfachsten Weg findet, werden anspruchsvolle Projekte zügig vorangetrieben.
4. Workaholic/ehrgeizige Einzelgänger
Bienenfleißig machen sich Workaholics an die anstehenden Aufgaben. Arbeit ist für sie das Wichtigste, Familie, Freunde und Freizeit haben geringen Stellenwert in ihrem Leben. Sie sind meist sehr karriereorientiert und ehrgeizig. Klagen über zu viel Arbeit werden Vorgesetzte vom ehrgeizigen Einzelgänger kaum hören. Wahrscheinlicher ist es, dass ein wichtiger Bericht früher als geplant auf dem Schreibtisch des Chefs landet.
Ihre extrem hohe Einsatzbereitschaft ist ein echter Vorteil für jedes Team. Workaholics bleiben solange im Büro, bis wirklich alles abgearbeitet ist. Das kann sich auch negativ auswirken: Denn Workaholics laufen Gefahr, sich selbst zu überfordern und kaum Pausen zu machen.
Die beste Strategie im Umgang mit Workaholics: Workaholics müssen teilweise vor sich selbst geschützt werden, damit sie sich nicht dauerhaft überfordern und möglicherweise chronisch erschöpft sind. Wichtig ist es daher, ihre Aufgaben möglichst klar zu benennen und ihnen ein machbares Pensum zu geben. Sind zum Beispiel Betriebsausflüge oder Firmenfeiern geplant, können damit Workaholics beauftragt werden: So sind sie zwar beschäftigt, aber auch gezwungen, Zeit mit anderen und einmal nicht ausschließlich mit Arbeit zu verbringen.
5. Neulinge, Praktikanten und Auszubildende
Der Einstieg in den Job ist nicht immer leicht: Schließlich treffen Neulinge auf gewachsene Strukturen, auch die Gruppendynamiken innerhalb ihres Teams durchschauen sie nicht sofort. Außerdem fehlt ihnen in der Regel einiges an Wissen und Erfahrung, sodass sie das meiste erst lernen müssen und nicht direkt voll einsetzbar sind. Die Einarbeitung stellt oftmals eine zusätzliche Arbeitsbelastung dar.
Doch Praktikanten, Neulinge und Azubis bringen wichtige Stärken in jedes Team ein, wenn man sie richtig zu nutzen weiß: Durch ihren unvoreingenommenen Blick sehen sie oft, wie sich eingefahrene Strukturen verbessern lassen.
Die beste Strategie im Umgang mit Neulingen, Praktikanten und Auszubildenden: Unternehmen sind gut beraten, die Stärken von Neulingen für sich zu nutzen. Vorgesetzte und Kollegen sollten sie dazu ermuntern, ihre Meinung zu äußern und ihre Eindrücke zu schildern. Gerade bei neuen Projekten kann dies frischen Wind ins Team bringen – und die neuen Mitarbeiter starten dadurch mit einer Extraportion Motivation in ihren Job.
6. Spezialist
Spezialisten sind die absoluten Fachleute in ihrem Thema, kennen jede Studie und können ihre Expertise jederzeit mühelos abrufen. Bei inhaltlichen Fragen eines Projekts sind sie die besten Ansprechpartner. Häufig denken sie jedoch sehr detailverliebt und nehmen die Welt außerhalb ihres Fachgebiets kaum wahr. Innovationen sind also vom Spezialisten nicht unbedingt zu erwarten.
Die beste Strategie im Umgang mit Spezialisten: Das Fachwissen des Spezialisten ist ein wirklicher Schatz. Teams sollten diese Ressource so konsequent wie möglich nutzen. Unternehmen sollten sich zudem frühzeitig Gedanken zum Wissensmanagement machen. Denn wenn der Spezialist einmal erkrankt, das Unternehmen verlässt oder in Rente geht, dann droht diese Expertise verloren zu gehen.
7. Teamplayer
Teamplayer arbeiten am liebsten mit anderen zusammen. Im Team fühlen sich wohl, sie sind kommunikativ und hilfsbereit. Sie identifizieren sich in der Regel stark mit ihrer Gruppe oder ihrem Unternehmen, der persönliche Erfolg ist für sie unwichtiger als das Gesamtergebnis. Eine Schwäche des Teamplayers kann sich allerdings darin zeigen, dass sie sich zu sehr auf ihre Kollegen verlassen und wenig Eigeninitiative zeigen.
Die beste Strategie im Umgang mit Teamplayern: Teamplayer sollten frühzeitig in Planung und Brainstormings einbezogen werden. Sie haben in der Regel ein gutes Gespür für die Gruppendynamik und sind daher besonders für Aufgaben geeignet, die nur gemeinsam zu bewältigen sind.
8. Superstar
Superstars sind Koryphäen in ihrem Job. Sie sind sehr erfolgreich, branchenweit anerkannt und wahre Leistungsträger. Ihre Arbeitsergebnisse sind Aushängeschilder des Unternehmens, mit denen sich neue Kunden gewinnen lassen. Problematisch kann sein, dass sie sich ihrer Leistungen häufig bewusst sind und daher zu Eitelkeit und Überheblichkeit neigen. Die Leistungen anderer Teammitglieder betrachten sie manchmal als banal, Kollegen fühlen sich mitunter von ihnen geringschätzt.
Die beste Strategie im Umgang mit Superstars: Vorgesetzte sollten die Leistungen und Erfolge des Superstars zwar anerkennen, aber nicht allzu sehr hervorheben. Andere Teammitglieder könnten sich dadurch benachteiligt fühlen und schnell ihre Motivation verlieren. Mit den richtigen Moderationstechniken sollte man in Meetings darauf achten, dass der Superstar nicht zu große Redeanteile erhält.
Respektvolle Gruppendynamik als Ziel
Zugegeben, die vorgestellten Rollen sind recht stereotyp. In der Praxis liegen in der Regel Mischformen vor. Dennoch können die beschriebenen Typen dabei helfen, Gruppendynamiken besser zu verstehen und für jedes Mitglied die geeignete Aufgabe zu finden. Wichtig für den Gesamterfolg ist es, die unterschiedlichen Charaktere miteinander ins Gespräch zu bringen und deren Stärken bestmöglich zu nutzen. Unternehmen sollten bei der Zusammenstellung also vor allem auf Diversität und eine respektvolle, produktive Gruppendynamik achten. Teambuildingmaßnahmen können, richtig eingesetzt, diesen Prozess unterstützen.