Interview mit Ludmilla Walkling, passionierte Russischlehrerin
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Berlitz
Dos and Don'ts: Russisch lernen für Anfänger
Ludmilla Walkling kommt ursprünglich aus der Nähe von Moskau und lebt seit 1980 in Frankfurt am Main. Ihre sprachlichen Fähigkeiten konnte die ehemalige Germanistikstudentin bereits früh auf einer deutsch-russischen Hochzeit beweisen, wo sie für den Trauzeugen dolmetschte – und in dem gebürtigen Frankfurter direkt ihren zukünftigen Ehemann fand.
Für viele Jahre arbeitete sie bei Berlitz in Frankfurt als Russischlehrerin und gibt uns im Interview Einblicke und Tipps zum Russisch Lernen.
Wie sieht die erste Unterrichtsstunde in Russisch Level 1 bei Berlitz aus? Was wird thematisch behandelt und was können die Kursteilnehmer am Ende sagen?
Ganz am Anfang werden erst einmal die Basics behandelt, also die Begrüßung und das Vorstellen. Auch Personalpronomen und einfachste Wörter wie Tisch und Stuhl werden geübt. Damit können die Kursteilnehmer dann schon einiges anfangen.
Ist die russische Sprache wirklich so schwer? Was fällt Anfängern leicht und womit kämpfen die meisten?
Oh ja! Russisch ist wirklich sehr anspruchsvoll. Neue Wörter lernen sich zwar recht leicht, aber die Aussprache bereitet vielen große Probleme.
Deklination, also das Anpassen bestimmter Wortarten an Geschlecht und Anzahl, ist im Russischen sehr schwierig und viele Kursteilnehmer verzweifeln daran. Wo wir beispielsweise im Deutschen Nominativ, Dativ, Genitiv und Akkusativ haben, kommen im Russischen noch die Fälle Instrumental und Präpositiv hinzu. Auch unterscheidet das Russische zwischen „Belebt“ und „Unbelebt“, was wiederum verschiedene Formen bedeutet. Grammatikalische Regeln, die im Deutschen nicht existieren, sind für Deutsche Muttersprachler immer recht schwer zu verinnerlichen.
Schreiben und Lesen mit dem kyrillischen Alphabet, die Aussprache, die Grammatik: Wird alles parallel gelernt oder muss erst ein Aspekt der Sprache sitzen, bevor der nächste Teil überhaupt thematisiert werden kann?
Das Alphabet steht immer als erstes an, um die Grundlage zum Lesen und Schreiben zu schaffen. Das fällt vielen auch recht leicht. Sobald das sitzt, wird die Grammatik gelernt. Bei der Grammatik hapert es dann schon etwas und die Kursteilnehmer müssen viel wiederholen. Aussprache ist wie gesagt wirklich schwer, die kommt also erst mit der Zeit.
Wann stellen sich die ersten Erfolge ein? Ab wann kann ein Gespräch geführt werden?
Ein einfaches Gespräch kann schon nach der ersten Lektion geführt werden: Begrüßen, sich vorstellen, nach dem Namen fragen… Erfolge stellen sich sehr früh ein, was wichtig ist, um motiviert am Ball zu bleiben.
Was ist Ihr Tipp für alle Russisch-Lerner?
Geduld haben und sich Zeit nehmen! Eine neue Sprache zu lernen ist nie einfach – besonders nicht, wenn sie sich sehr von der Muttersprache unterscheidet. Vielen meiner Schüler fehlt definitiv die Zeit, um regelmäßig zu lernen. Ich betreue einige Firmenkunden und Manager sind ja bekanntlich immer im Stress. Aber ohne konstantes Wiederholen sind die Fortschritte eben auch geringer und dauern länger.
Welche Hilfsmittel gibt es zum Russisch lernen?
Oft wird geraten, Zeitungen in Russisch zu lesen, aber das ist übertrieben. Zeitungen sind aufgrund des Fachvokabulars zu schwer zu verstehen. Nur weit fortgeschrittene Lerner sollten sich daran versuchen. Es gibt die Möglichkeit, russisches Fernsehen im Internet anzuschauen - aber auch das erfordert eigentlich schon recht gute Sprachkenntnisse. Früher, zu DDR-Zeiten, gab es spezielle Fernsehsender für Leute, die Russisch gerade erst lernen. Allerdings sind diese Sender heutzutage leider nicht mehr aktiv.
Mein Tipp: Mit einfachen Texten, wie zum Beispiel Kinderbüchern, anfangen. Bei zu kompliziertem Material stellt sich schnell Frust ein. Das erschwert das Lernen nur unnötig.
Was ist typisch Russisch? Was muss neben der Sprache noch beherrscht werden, um die russische Kultur zu verstehen und nicht unangenehm aufzufallen?
Definitiv Landeskunde, mit der sollte sich beschäftigt werden. Es ist wichtig, sich halbwegs mit der ehemaligen Sowjetunion auszukennen und zu wissen, welche Länder ehemalige Republiken waren. Wer die Geschichte Russlands kennt, dem erschließen sich einige kulturelle Besonderheiten. Das erleichtert definitiv das Einfügen in die russische Gesellschaft.