Frau Buddenkotte, schon während Ihres Studiums im Bereich Non-Profit Management arbeiteten Sie bei Plan International. Was macht Ihre Arbeit so besonders?
Bereits in meinem Studium hat mich der Wunsch angetrieben, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen. Plan International und die Stiftung Hilfe mit Plan haben mich in ihrer nachhaltigen Programmarbeit beeindruckt. Die Schwerpunktsetzung auf die Förderung von Mädchen und jungen Frauen hat mich schon damals begeistert.
Die Berlitz Bildungsstiftung unterstützt unter Ihrem Dach seit einigen Jahren ein Projekt an sechs Primarschulen in der Region West Nile in Uganda. Was wurde 2023 bisher mit den Spenderngeldern erreicht?
Uganda war das Land, welches am längsten von pandemiebedingten Schulschließungen betroffen war. Durch unsere erfolgreichen Back-to-School-Kampagnen konnten wir die Familien der Kinder überzeugen, die Mädchen und Jungen wieder zur Schule zu schicken. Auch Kinder, die vorher nicht zur Schule gegangen sind, können nun am Unterricht teilnehmen. Die Relevanz von Bildung ist immer stärker im Bewusstsein der Gemeindemitglieder verankert. Die letzten 120 Schultische wurden geliefert. Nun können die Kinder in den Klassenräumen unterrichtet werden und müssen nicht mehr auf dem Schulhof unter den Mangobäumen, die meist den einzigen schattigen Platz auf dem Gelände bieten, dem Unterricht folgen. Des Weiteren wurden die Lehrkräfte in kindzentrierten und gendersensiblen Unterrichtsformen geschult, sodass die Schulstunden nun nicht mehr ausschließlich frontal ausgerichtet sind, sondern der Fokus auf der Partizipation der Kinder liegt. Die Förderung der Berlitz Bildungsstiftung hat Plan International dabei unterstützt, zusätzliche Lehrkräfte an den Projektschulen einzustellen und somit die steigende Anzahl an Schülerinnen und Schülern pro Klasse zu reduzieren. Aktuell sind wir dabei, eine entsprechende Advocacy-Arbeit zu leisten: Wir sprechen mit wichtigen Entscheidern – in diesem Fall mit den Behörden vor Ort – um die Unabdingbarkeit von mehr Lehrkräften zu unterbreiten. Die Gemeindemitglieder in den Projektregionen sind sehr intrinsisch motiviert und unterstützen unsere Arbeit ebenfalls, wo sie können.
Welchen Stellenwert nimmt der Bereich der Treuhandstiftungen bei Plan ein?
Die Treuhandstiftungen unter dem Dach der Stiftung Hilfe mit Plan haben einen sehr großen Stellenwert. Jedes Engagement zählt, aber die Gründung einer Treuhandstiftung unter unserem Dach zeugt von besonders großem Vertrauen in die Programmarbeit von Plan International.
Können Sie kurz erklären, was eine Treuhandstiftung ist?
Mit einer Treuhandstiftung fördern Sie Projekte mit den Erträgen, die das Kapital Ihrer Stiftung erwirtschaftet. Dieses Vermögen selbst bleibt auf Dauer erhalten, die Erträge kommen dem Stiftungszweck für eine lange Zeit immer wieder zugute. Stiftungen bleiben zudem über den Tod der Stifterin oder des Stifters hinaus bestehen. So schaffen Sie Bleibendes für einen Zweck, der Ihnen am Herzen liegt. Ihre Treuhandstiftung gründen Sie unter dem Dach der Stiftung Hilfe mit Plan. Diese ist Treuhänderin für Ihre Stiftung und verwaltet Ihr Stiftungsvermögen unabhängig von anderen Vermögen. Rechte und Pflichten Ihrer Stiftung – und damit die Zuständigkeit in allen rechtlichen Angelegenheiten – werden ebenfalls von der Stiftung Hilfe mit Plan für Sie übernommen.
Wie viele Treuhandstiftungen gibt es unter Ihrem Dach und was sind das für Menschen bzw. Unternehmen, die eine Stiftung gründen möchten?
Aktuell gibt es über 265 Treuhandstiftungen unter dem Dach der Stiftung Hilfe mit Plan. Menschen, die sich bei uns engagieren – so auch unsere Treuhandstifter und -stifterinnen – gehören zu unserer Stiftungsfamilie. Unsere Mitglieder sind so unterschiedlich und vielfältig wie die vielen Möglichkeiten, sich bei uns zu engagieren. Der Wunsch nach einer gerechteren Welt mit Zukunftschancen für Mädchen und Jungen weltweit verbindet uns miteinander. Gerade auf unseren zweijährigen Stiftungstreffen wird das immer besonders deutlich. Wenn Personen aus ganz Deutschland zusammenkommen und sich von Geschichten aus unseren Projekten begeistern lassen.
Wie koordinieren Sie die Projektarbeit und Gelder in den jeweiligen Regionen?
Umgesetzt werden Projekte vor Ort nicht von internationalen, sondern von lokalen Expertinnen und Experten. Das stärkt die Gemeinschaft vor Ort und hilft bei der praktischen Umsetzung. Der internationale Plan-Verbund beschäftigt weltweit mehr als 10.500 Menschen, in Deutschland rund 250. Gemeinsam mit unseren Teams vor Ort koordinieren wir die Projekte und evaluieren unsere Fortschritte. In jeder Projektphase prüfen wir, ob ein Vorhaben zielorientiert umgesetzt und die Mittel effizient eingesetzt werden. Wenn positive Veränderungen im Lebensumfeld der Zielgruppe oder der Gesellschaft erkennbar sind, ist unsere Arbeit auf dem richtigen Weg: Es wird eine positive Wirkung erzielt. Unsere Projekte zielen auf die Veränderungen von Kenntnissen, Einstellungen und Fähigkeiten der Zielgruppen ab. Wirkungsorientierte Arbeit bedeutet, dass bereits während der Planungsphase eines Projekts konkrete Wirkungsziele formuliert werden. An diesen Zielen richtet sich die gesamte Arbeit des Projekts aus. Im Verlauf der Umsetzung wird dann regelmäßig geprüft, ob sich das Vorhaben den formulierten Wirkungszielen annähert.
Es gibt viele gemeinnützige Organisationen. Da ist es als Privatperson nicht leicht zu entscheiden, für wen man spendet. Was zeichnet die Arbeit von Plan International im Besonderen aus?
Die Arbeit von Plan International ist besonders langfristig und nachhaltig angelegt. Durch unsere starke Vernetzung vor Ort, unsere lokal ansässigen Teams und unsere langjährige Expertise können wir auf große Erfolge zurückblicken. Plan International investiert in Bildungsprogramme mehr als in jeden anderen Entwicklungsbereich, denn Bildung ist der Schlüssel für den Weg aus der Armut. Wir verfolgen in der Bildungsstrategie einen ganzheitlichen Ansatz: Mädchen und Jungen soll der Zugang zu Bildung vom Kindergarten bis zum Abschluss der Sekundarschule ermöglicht werden. Nach unserem Verständnis beginnt Bildung mit der Geburt und umfasst die schulische und außerschulische Bildung bis hin zur Erwachsenen- und beruflichen Bildung. Inklusive Bildung, also die Bildung besonders benachteiligter Kinder, hat für uns dabei einen hohen Stellenwert. Wir fördern kinderfreundliche und gewaltfreie Schulen durch kindgerechte Ausstattung, Fortbildung der Lehrkräfte in modernen Unterrichtsmethoden und die Einführung von Partizipationsstrukturen. Alphabetisierungskurse und Berufsausbildung kombiniert mit Mikrofinanz-Programmen bieten Jugendlichen und Erwachsenen berufliche Perspektiven.
Was ist aktuell Ihr Herzensprojekt?
Mein aktuelles Herzensprojekt ist eins unserer Projekte in Äthiopien "Mädchen vor Gewalt schützen". Mädchen und Frauen sind in Äthiopien im Vergleich zu Männern stark benachteiligt. Fest verankerte patriarchalische Normen und Traditionen haben gravierende Auswirkungen auf die Rechte von Frauen und Kindern. So ist Kinderheirat weit verbreitet und rund jede vierte äthiopische Frau im Alter von 15 bis 49 Jahren hat in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Meist werden die Fälle aus Angst vor Stigmatisierung nicht zur Anzeige gebracht. Vielen Mädchen und Frauen bleibt zudem der Zugang zu Bildung verwehrt. Sie sind wirtschaftlich von ihren Ehemännern oder Familien abhängig und haben keine Chance, dem Kreislauf aus Armut und Gewalt zu entkommen. Mit diesem Projekt wollen wir die Lebenssituation von Mädchen und Frauen in Äthiopien nachhaltig verbessern. Wir wollen sie vor geschlechtsspezifischer Gewalt sowie schädlichen traditionellen Praktiken schützen und ihnen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Viele Menschen sind in der aktuellen Zeit verunsichert, eine Krise jagt die nächste. Was gibt Ihnen Hoffnung?
Das stimmt. Wir merken es in unseren Gesprächen mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern immer wieder. Und trotzdem ist das Engagement weiterhin bemerkenswert. So viele Menschen helfen uns, unsere Arbeit in den Projekten vor Ort erfolgreich umsetzen zu können. Wenn wir dann Bilder und Videos von strahlenden Kindern bekommen, die stolz in ihrem Klassenzimmer sitzen und berichten, dass sie nun nicht mehr draußen unter der alten Schirmakazie zusammenkommen müssen und mittlerweile jeden Mittag eine warme Mahlzeit zu sich nehmen können, macht mein Herz einen freudigen Sprung. Die Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Menschen, die ihre Energie bündeln, um das Leben von Kindern weltweit zu verbessern, füllt mich auch in schweren Zeiten wie diesen mit Euphorie.
Herzlichen Dank für das Gespräch Frau Buddenkotte! Weiterhin alles Gute für Ihre Arbeit.